IntSaab 2015: Eine Woche Saab- Abenteuer in norwegens Fjord- und Gebirgslandschaft

Schon im Frühjahr endete die Anmeldefrist, und ich musste 110 Euro nach Norwegen überweisen, ohne so recht zu wissen, wofür ich da eigentlich in Vorleistung trete. Alles Vertrauenssache, wie so oft, und dieses Vertrauen sollte sich auszahlen. Erstmals fand die IntSaab, das internationale Treffen der nationalen Saabclubs, nicht bloß übers Wochenende stationär an einem Ort statt. Nein, die Norweger sind stolz auf ihre Landschaft und die wunderschöne Natur. Und so planten die Verantwortlichen der „Gammalsaabens Venner“ (Freunde der alten Saabs) die IntSaab 2015 als Tour durch die schönsten Fjord- und Gebirgslandschaften Südwest-Norwegens. Verrückt, könnte man meinen, mit insgesamt 141 jungen und alten Saabs in mehreren Etappen 835 Kilometer zurückzulegen, darunter kaum Hauptstrecken, nein, überwiegend schmale, steile, teils ungeteerte, dafür aber landschaftlich einzigartige Nebenstrecken. Verrückt, mit so einer großen Truppe – in den Fahrzeugen saßen insgesamt rund 300 Saab-Begeisterte – Campingplätze, Rastplätze und Aussichtspunkte zu belagern. Verrückt, aber wunderschön. Und deshalb, so glaube ich, haben die Norweger auch so entschieden und ein bemerkenswertes Organisationstalent bewiesen.

Wochen vor der Tour landete eine E-Mail im Postfach: die Teilnehmerliste mit 14 Nationen. Spätestens jetzt war klar, dass die IntSaab ein einmaliges Erlebnis werden würde. Die Startnummern auf der Liste waren akribisch nach den Baujahren der Fahrzeuge, zwischen 1957 und 2010, sortiert. Mein erst zehn Jahre junges 93 Cabriolet fand sich somit erst auf Startplatz 110 – immerhin als einziges Fahrzeug aus dem Jahr 2005. Davor befanden sich die Modellreihen 93, 95, 96, 99, einige Sonetts, 900, 9000 sowie die ersten Generationen des 93 und 95. Mit insgesamt sechs Fahrzeugen waren die deutschen Saabianer vertreten. Andere Teilnehmer kamen aus Norwegen, Schweden, Dänemark, Finnland, Großbritannien, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, der Schweiz, Polen, Russland, Lettland und Estland. Vom norwegischen Club wurden zwei verschiedene Vortouren sowie eine Nachtour angeboten, auf die ich aber verzichtete, da ich die IntSaab in einen längeren Skandinavienurlaub eingebettet hatte. So fand ich mich am 31. Juli am vereinbarten Campingplatz nahe Bergen ein und nahm ein Starterpaket in Empfang – mit Roadbook, Karten, Broschüren, Aufklebern, dem Rallye-Schild mit Startnummer und – passend zum Wetter – einem norwegischen Regenhut.

Der Empfang war trotz Regen warm und freundlich, so dass ich mit Vorfreude auf den nächsten Tag mein Zelt inmitten diverser Saabs aufstellte. Der erste Tag führte mitten ins Zentrum von Bergen, wo wir auf dem Festplatz unsere Fahrzeugvielfalt ausstellten, damit sie von Einheimischen und Touristen besichtigt werden konnte. Der Platz war gut besucht und die originellen Regenhüte leisteten gute Dienste. Am nächsten Morgen ging es dann los, die erste Etappe mit 215 Kilometern stand bevor. Das sorgfältig ausgearbeitete Roadbook lieferte Informationen zu Landschaft, Historie und Kultur. Empfehlungen für Besichtigungen fanden sich auch darin. Jeden, aber wirklich jeden Tag standen traumhaft schöne Wasserfälle auf dem Plan, die zum Erstaunen mancher chinesischer Touristen nachts nicht abgestellt wurden!

Spätestens beim ersten Stopp wurde klar, was die IntSaab ausmachte: Egal wann und wohin man kam, Saab war immer schon da. Saabs am Aussichtspunkt, Saabs am Horizont, Saabs im Rückspiegel, den lieben langen Tag lang. Und das, obwohl ja jeder sein eigenes Tempo fahren und seine eigenen Schwerpunkte setzen konnte. Von Saabs umgeben zu sein, auf diesen sich durch traumhafte Landschaften windenden Straßen, das war etwas Besonderes, einfach zum Pudelwohlfühlen. Und so führten uns die weiteren Etappen wechselweise über Gebirgspässe und an Fjorden entlang. Um nur einige der vielen Highlights zu nennen: Wir fuhren die Stalheimskleiva mit ihren 13 Haarnadelkurven und 18% Gefälle hinab und die Serpentinenstraße zum Stegastein hinauf, um das faszinierende Panorama des Aurlandfjords von oben zu sehen. Immer wieder fuhren wir in schwindelnden Höhen durch sommerliche Schnee- und Eislandschaften, die sich für besondere Schnappschüsse unserer Autos anboten.

Atemberaubende Aussichten bot der Dalsnibba-Aussichtspunkt über die kurvenreiche Strecke hinab zum Geirangerfjord, nach dem unmittelbar der Anstieg über den Ørnevegen (Adlersweg) bis hin zum Trollstigen folgte. Zweimal mussten wir eine Fähre nehmen, die – wie sollte es anders sein – vollgepackt mit Saabs war. Die „Gammalsaabens Venner“ hatten die schönsten Routen herausgesucht und uns täglich aktuell über eventuelle Baustellen, Verkehrsbehinderungen und Sperrungen informiert. Serpentinen für eine Dreiviertelstunde lang geschlossen, weil im Tal gesprengt wird? Kein Problem, unter Saabianern wird‘s nie langweilig. Wir waren ja unter uns. Wie mochte man sich nur fühlen, wenn man als einsamer Fahrer eines Fremdfabrikates mitten unter uns war? Ich kann es mir nur schwer vorstellen. Die Fahrzeuge, besonders die älteren Modelle, hielten trotz der mitunter strapaziösen Streckenführung erstaunlich gut durch. Wer ein Problem hatte, hielt an, öffnete die Motorhaube und hatte schnell Hilfe von erfahrenen Weggefährten.

Zahlreich waren die frühen Zweitakter-Modelle von Saab, die den modernen Schweden auf den Serpentinenstrecken geradezu davon fuhren. Mit ihren stoischen Motoren, gepaart mit geringem Gewicht und steiler Kurvenneigung, blieben sie einfach auf dem Gas stehen und fuhren innen vorbei, während alle anderen vor den Kurven auf die Bremse traten. Das klappte aber nur bergauf, denn bergab holten wir sie alle wieder ein: Immer wieder mussten sie Zwangspausen einlegen, um ihre klein dimensionierten Bremsen zu kühlen. Die Abende auf den Campingplätzen waren gesellig. Es wurde zusammen gesessen, der Tag resümiert, über Saab gefachsimpelt und die Pläne für den nächsten Tag ausgetauscht – über sämtliche Sprachbarrieren hinweg, ich behalf mir mit Deutsch, Englisch sowie ein paar Brocken Norwegisch und Schwedisch. Bis ins Detail geplant war das zentrale Event im kleinen Örtchen Loen am Innvikfjord, wo zwei Übernachtungen vorgesehen waren. Es begann schon mit den nach Startnummern gekennzeichneten Parkplätzen, in die wir von ehrenamtlichen Helfern eingewiesen wurden. Das hatte seinen Sinn, denn später sollte eine Parade für das norwegische Fernsehen gefahren werden – natürlich sortiert nach Startnummer.

Das beinahe Unmögliche funktionierte dank dieser guten Vorbereitung wie geschmiert. Zu den 141 Teilnehmerfahrzeugen gesellten sich an diesem Abend noch zahlreiche spontane Saabfahrer aus dem Umland, so dass wir schließlich mit rund 180 Saabs hintereinander auf einer 3 Kilometer langem Schleife fuhren. Die Hauptstraße war abgesperrt, das Dorf stand Kopf, das Kamerateam filmte – und wir waren in diesem Moment etwas Besonderes. Wunderschön! Anschließend wurde für 300 Leute gegrillt und der Abend rustikal-feierlich beendet. Am nächsten Tag hieß es Durchatmen für die Fahrer und Fahrzeuge, denn einen Tag lang durften die Fahrzeuge ruhen. Im Preis inbegriffen waren fünf verschiedene Tagestouren inklusive Bus- und Bootstransport. Man musste sich nur ein Ziel aussuchen und einsteigen. Hierfür wurden eigens Oldtimer-Busse der anderen schwedischen Marke mobilisiert, allein das war ein Abenteuer. Ich wählte eine kombinierte Bus-, Boots- und Wandertour, um mir die Briksdalen-Gletscherzunge einmal aus der Nähe anzusehen. Abends stand dann das offizielle Saab-Dinner an, vorzügliche Sterneküche im einzigen Hotel am Ort, beste Weine und ein würdevolles Programm mit Dank, Information und Unterhaltung. Am nächsten Tag folgte dann noch eine weitere Etappe zum letzten Ziel bei Åndalsnes. Klar ist: 141 Fahrzeuge der Marke, Tag für Tag auf gemeinsamer Strecke, haben bei Einheimischen wie Touristen einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Und der war durchweg positiv.

Wir haben die Saab-Flagge hochgehalten, den Saab-Spirit gelebt und einmal mehr bewiesen, wie lebendig unsere Marke ist. So kam es zu zahlreichen neugierigen Blicken, Fotos, Begegnungen und Gesprächen. Man stelle sich nur die Studentin vor, die oben auf dem Gebirgspass an Norwegens höchstgelegener Mautstation saß und ganz irritiert fragte, warum denn den ganzen Tag über ständig Saabs bei ihr an der Schranke stehen. Selbst so manches Getier, das die Straße sein eigen nannte – ob Schaf, Ziege, Rentier oder Kuh – wurde im Handumdrehen zum Saab-Fan. Oder meine Anekdote von der schweizerischen Familie, die mir über eine Woche nach der IntSaab in Südschweden auf einem Campingplatz begegnete. „Du warst in Flåm!“, sprach der Schweizer, mit seinem Finger auf mein Rallye-Schild zeigend. „Wir waren auch dort! Als wir den Wohnwagen abgestellt haben, war überall Wiese. Als wir nach unserem Ausflug zurückkamen, war überall nur Saab – wir haben den Wagen kaum noch gefunden, Oder?!“ Am Morgen nach der letzten Etappe hieß es Abschied nehmen: von den netten Menschen und den so ansehnlichen Fahrzeugen. Komisch das Gefühl, nach einer Woche so wunderschöner Gemeinschaft wieder „alleine“ auf der Straße zu sein. Erster Rastplatz, keine Saabs – sofort fehlte etwas. Doch die wunderbare Erinnerung an eine so einzigartige Woche bleibt.

Die nächste IntSaab wird übrigens vom 12. bis 14. August 2016 im schwedischen Vadstena bei Linköping stattfinden. Vielleicht gelingt es den Saab-Freunden Erfkreis, eine gemeinsame Reisegruppe auf die Beine zu stellen?

Bildunterschriften von oben: Wurde 1882 in damals bemerkenswerter Stassenbaukunst erichtet: Der "Knuten", eine knotenförmige Schleife mit Unterführung, um das Gefälle zu reduzieren. Abstieg vom Aussichtpunkt Dalsnibba mit Blick auf Djupvatnet. Das norwegische Hochlandschaf interessiert sich für die Marke und wird sekundenschnell zum Fan Saabkolonne auf dem Weg zum höchsten Gebirgspass Nordeuropas. Von Touristen umgarnt: Die Ausstellung der teilnehmenden Fahrzeuge in Bergen. Auf die Fähre mussten alle. Fahrzeugparade in Loen: 180 Saabs auf einer 3-Kilometer-Schleife durch das Dorf. Kurz vor dem Abschied, die Deutschen Vertreter auf der IntSaab2015 vor der Bergkulisse am Trollstigen (ein Fahrzeug fehlt). Fotos & Text © Thorsten Eckardt Auch an dieser Stelle: Wir danken Thorsten ganz herzlich für den lesenswerten Bericht und die schönen Fotos.